Herr/Frau der Gefühle und nicht Herr der Ringe

Was Ist und Interpretation, warum du für deine Gefühle verantwortlich bist

Es ist ein wunderschöner Tag und du kommst als Führungskraft gutgelaunt ins Büro. Du fühlst dich selbstbewusst und bist motiviert, deine Aufgaben zu erledigen. Doch dann stellst du fest, dass ein:e Mitarbeiter:in seine/ihre Aufgabe nicht erledigt hat. Das macht dich unzufrieden, denn jetzt hast du mehr Arbeit. Dann wirst du unerwartet in einem Meeting von deinem:er Vorgesetzten kritisiert und jetzt zweifelst du an deinem Selbstbewusstsein und deinen Fähigkeiten. Deine Laune ist plötzlich im Keller. KENNST DU DAS?

Du machst deine Laune vom Geschehen abhängig. Du denkst, du hast keinen Einfluss darauf, wie du dich fühlst. Denn wenn etwas Blödes passiert, dann hast du halt schlechte Laune und die kann man auch nicht einfach und schnell ändern.

Es geht aber auch anders.

Du kannst deine Gefühle ändern

Stelle dir zwei Kreise vor, die sich nicht berühren. Der linke Kreis beinhaltet alles Objektive und Messbare, alles Was ist. Zum Beispiel, dass dein:e Chef:in mit dir kommuniziert. Alles in diesem Kreis kann von Kameras und Mikrofonen aufgenommen und wiedergegeben werden. Alle Menschen werden hier das Gleiche erkennen. Ein:e Vorgesetzter:e kommuniziert mit seinem/ihrem Teammitglied. Im rechten Kreis findest du alle möglichen Bewertungen und Interpretationen eines Was Ist. Zum Beispiel, dass der/die Chef:in mit seinem/ihrem Teammitglied kommuniziert, beleidigend, respektlos oder fördernd ist.

Am Beispiel von Regenwetter wird es deutlicher: das Was Ist ist einfach nur, dass es regnet. Das kann jede Kamera und jedes Mikrofon aufnehmen und jeder Mensch, der die Aufnahme sieht oder hört, wird sagen, dass es regnet. Die Interpretationen sind, dass Regenwetter das beste Wetter überhaupt ist, weil man endlich in Pfützen hüpfen kann und man deswegen von Regenwetter immer so gute Laune bekommt oder, dass Regenwetter Schietwetter ist, weil alles nass und dunkel wird und man deswegen bei Regenwetter immer schlechte Laune hat.

Wie du siehst, hängt das Geschehen „es regnet“ nicht mit einem bestimmten Gefühl zusammen, sondern es liegt an der jeweiligen Bewertung, auf die ein Gefühl folgt. Du hast also die Wahl wie du dich fühlst.

Genauso kannst du es mit der Kritik von deinem:er Chefin:in an dir sehen. Bewertest du sie negativ, weil ein Vorgesetzter deine Schwächen anspricht und dich in deiner Interpretation damit bloßstellt, dann wirst du dich auch so fühlen. Wenn du Kritik aber positiv bewertest, denn Hinweise auf Fehler und Rückmeldungen verbessern deine Leistung, dann wirst du dich für dieses Feedback freuen und empfindest vielleicht Dankbarkeit für seinen/ihren Hinweis.

Und jetzt du! Eine Anleitung für den Alltag

Klingt doch erstmal ganz einfach, oder? Im Alltag diese Unterscheidung anzuwenden, kann auch herausfordernd sein, deswegen hier eine kleine Anleitung:

Schritt 1: funktioniert das gerade so?

In einer Situation, in der du wütend, gestresst etc. bist, frage dich einfach mal, funktioniert das für mich gerade so? Will ich gerade in diesem Modus sein? Wenn ja, dann ist das okay, denn schlechte Laune darf auch mal sein. Die Frage ist nur, ob du so deine Ergebnisse steigern kannst, ein Ziel schneller erreichst oder eine gute Stimmung im Team herrscht.

Wenn schlechte Laune für dich gerade nicht funktioniert, dann folgt

Schritt 2: Ursache erkennen

Frage dich, was war und wie habe ich dann gefühlt? Bin ich wütend, gestresst, genervt, verzweifelt, habe ich Angst? Welche Situation war der Auslöser? Welches konkrete Verhalten beim anderen hat mich getriggert?

Schritt 3: Was Ist und Interpretation unterscheiden

Wenn du die auslösende Situation erkannt hast, rufe dir die zwei Kreise mit Was Ist und Interpretation ins Gedächtnis und ordne zu. Du kannst sie dir auch auf Papier malen. Was ist passiert und was ist deine Bewertung dazu? Achte darauf, dass im Was Ist-Kreis nur Sachen stehen, die gemessen werden können und/oder die man aus einem Video oder einer Tonaufnahme klar entnehmen kann. Alles andere gehört zur Interpretation. Zum Beispiel auch der Tonfall. Höchstens die Lautstärke könnte man messen. Daraus ist jedoch nicht ersichtlich, ob jemand etwas genervt oder freundlich sagt.

Schritt 4: alternative Bewertungen finden

Ein Was Ist kann man mindestens aus drei Perspektiven sehen. Positiv, negativ und neutral. Schaue dir also deine Bewertung an und finde eine gegenteilige Bewertung mit Begründung: Dein:e Chef:in kommuniziert mit dir in einem Meeting. Das hat dich vielleicht erstmal wütend gemacht oder verunsichert. Deine Bewertung ist also negativ gewesen. Aber warum? Genauso ist Kommunikation positiv, denn durch das Erkennen deiner Fehler oder Schwächen kannst du deine Leistung verbessern und so die Ergebnisse steigern. Außerdem nimmst du eine neue Perspektive ein und entwickelst dich weiter.

Auch, wenn ein Teammitglied seine/ihre Aufgabe nicht zu deiner Zufriedenheit erledigt, kannst du dies positiv bewerten. Denn er/sie zeigt dir auf, dass deine Arbeitsanweisung vielleicht nicht deutlich genug war. Außerdem ist diese Situation ein Anlass, mit dem:er Mitarbeiter:in zu sprechen und seine/ihre Perspektive einzunehmen. Du kannst die Chance nutzen, ein besseres Verhältnis zu deinem Team aufzubauen und herauszufinden, was eigentlich los ist, um dann gemeinsam bessere Ergebnisse erzielen.

 

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